Montag, 3. August 2009

Gesehen, gehört, verdrängt (verschwiegen)

Nichts hören, nichts sehen und nichts riechen – Three Monkeys a.k.a. Hans, Wolfgang St. und Wolfgang H.


Dieses Bild war einfach zu großartig, um es nicht auszuwählen… der Magazineur wacht persönlich über sein Archiv. Zu jeder Zeit, koste es, was es wolle.


Best Of Camino 2009



Ihr habt es so gewollt!

Durch eure großartige Treue zu diesem Blog, durch euer ehrendes Interesse an unserer Sache habt ihr uns soweit gebracht, dass wir uns gesagt haben – es kann nicht einfach so zu Ende gehen. Wir wollen euch – gemäß unserer Ankündigung – noch einen letzten lesbaren Appetithappen servieren: den finalen Blogeintrag – wenn man so will ein „Best Of Camino 09“.
Zu allererst möchte ich mich im Namen des gesamten Teams für euer Interesse bedanken, eure zahlreichen Reaktionen haben uns die Tour sehr versüßt. So kam auch ein toller Dialog zwischen Team und „Daheimgebliebenen“ zustande, auf diese Art regelmäßige Berichte zu schreiben, bereitete auch mir persönlich sehr viel Freude.

Beginnen möchte ich mit der Zusammenfassung der sportlichen Daten unserer „Pedalritter“ und einen finalen Überschlag der Werte präsentieren:

Fahrleistung

In aller Bescheidenheit gesagt sind die insgesamt 3005,45 km, die insgesamt von den Radlern abgespult wurden, ohne Kommentar. Wir lassen die Zahl so stehen und sie für sich selbst sprechen.
Die verbrauchten Kalorien pro Radlernase lassen in jedem Fall aufhorchen – nicht weniger als 83.848 kcal haben die „Pedalritter“ auf den Straßen von Österreich, Slowenien, Italien, Frankreich und Spanien aus ihren Körpern getreten. Darauf werden wir später in der Gesamtstatistik des Teams noch einmal zu sprechen kommen.
Bis in die Schwerelosigkeit sind wir geradelt – 23.900 Höhenmeter haben uns jenseits von Atmosphäre und Stratosphäre katapultiert, und das auch noch ohne wirkliche Probleme. „Houston, wir haben kein Problem…“.
Geschlagene drei Arbeitswochen (so was in die Art war es im Endeffekt auch) im Sitzen? Ganz Recht, denn 118 Stunden und 33 Minuten verbrachten die drei Herren insgesamt im Sattel…
„Wo ist denn an diesem neuen Moped der Motor?“, werden sich die Menschen in den befahrenen Ländern gefragt haben. Die durchschnittlich gefahrene Geschwindigkeit von 25,4 km/h erinnert auf jeden Fall ein bisschen an einen Ausflug mit kleinen Mofas…
Ein Stückchen Heimat empfanden wir auch in Hinblick auf die Temperaturextreme, vor allem in Spanien sehr stark ausgeprägt – die Gerüchten zufolge als „Ausseer Sommer“ (Quelle der Redaktion bekannt…) beschriebenen 11° C Tiefsttemperatur ließen diverse Gänsehäute entstehen und machten sogar den Einsatz langer Radkleidung und sogar langer Hosen bei diversen Begleitern nötig. Brrr…
Ich weiß schon, uns kann man es einfach nicht Recht machen. Zuerst beschweren wir uns über die Kälte, dann ist es etwas wärmer und es passt uns auch nicht. Dabei hatte es durch nur 46° C, als wir mit den Pyrenäen und ihren Ausläufern bzw. Vorboten kämpften…Oder waren wir doch versehentlich in Death Valley gelandet? Die Rekordhöchsttemperatur der gesamten Reise war an jenem Etappentag jedenfalls erreicht.
Wer hätte gedacht, dass sich der Sturm „Kyrill“ bis nach Spanien retten würde? Wenn wir nicht gerade durch die vorigen Verhältnisse gebeutelt wurden, blies uns der nordspanische Wind mit Spitzen von 80 – 100 km/h um die Ohren… Jeder, der schon einmal bei viel Wind mit dem Rad unterwegs war, weiß genau, was das heißt.
Einmal von Graz bis zum Schoberpass – so verlief unsere kürzeste Tagesetappe. 84,6 km wurden an diesem Tag zurückgelegt, während die längste Etappe uns wiederum auf 181 km brachte – einmal Graz – Wien mit dem Rad also.

Gastronomische Daten

Einen Einblick wollen wir euch in die „Verhaltensspuren“ des gesamten Teams geben.

Eigentlich hätten wir einen kleinen Bauernhof mitführen müssen – mit Hühnerstall und zumindest einer Kuh. Die über 300 verputzten Eier müssen ja schließlich irgendwo herkommen, gleich wie die 5 kg Butter, die auf diversen Broten landeten.
Stichwort Brot – das Baguette, das wir unterm Strich jeden zweiten Tag zu uns nahmen, hatte es uns besonders angetan – so sehr angetan, dass wir sogar auf insgesamt etwa 75 Meter verputztes Backwerk kommen. Würde man eine Stange Brot in dieser Länge aufstellen, könnte noch der oberste Bewohner eines Hochhauses abbeißen. Von unserem erhöhten Bedarf an Gebäck zeugen auch die mehr als 600 Stück Toastbrot, das wären in etwa 30 Packungen.
Kulinarisch wird’s auch im Bezug auf Getränke – unter (oder doch eher über…?!) 30 Flaschen Rotwein haben den Weg unsere Kehlen hinunter gefunden. In diesem Sinne: „An Wein hamma eh no, oder?“.
Die Radler im Team waren sich einig: „Noch nie hab ich so viel Cola getrunken!“. In der Tat hat wohl noch niemand 300 Dosen Cola in einem Monat vernichtet. Wir schon. Und wir leben noch.
Unter anderem Etappen mit immensem Flüssigkeitsbedarf, wie etwa bei der Pyrenäenquerung, trieben unseren Verbrauch an Wasser und diversen Säften auf nicht weniger als 600 Liter – ein kleines Löschfahrzeug hätten wir also auch noch mitführen können.
Auch gefrühstückt musste werden, deshalb können wir auch stolz auf insgesamt etwa 2 ½ kg Kaffee, 100 Portionen diverser Tees, und auch noch gut fünf ordentliche Kübel Marmelade zurückblicken. Vor allem Letzteres wundert angesichts der Tatsache, wie so manches Teammitglied sein Brot bestreicht, wohl niemanden mehr – man könnte staunen, wie viel Brot man auf die Marmelade auftragen kann (und diese Formulierung hat schon so ihre Richtigkeit!).
Als wahre „Nudeltiger“ entpuppten sich die Teammitglieder ebenfalls, ca. 20 kg Nudeln wurden im Endeffekt verarbeitet und verputzt.
Man könnte nun ewig so weiter aufzählen, aber ich denke einmal, man kann es so gut sein lassen. Die weiteren Mengen an Fleisch, Fisch, Aufstrichen, Wurst, Schokolade, Apfelmus, Nachspeisen und und und, wollen wir euch hier ersparen. Wir wollen doch keinen falschen Eindruck erwecken…

Um noch einmal auf die verbrauchten Kalorien zu sprechen zu kommen – Wir wollen euch hier den Verbrauch des gesamten Teams in einem Monat vor Augen führen:
Etwa 600.000 Kalorien hat das „Team Camino 2009“ verbraucht – das will erst mal verdaut werden!
Doch was sind 600.000 Kalorien eigentlich?
Beispielsweise etwa 7000 Cola-Dosen, 750 Leberkäsesemmeln (um diesen beliebten Vergleich wieder einmal zu ziehen) oder 2150 Packungen Butter!
938 Liter Milch würden ebenfalls diesem Gegenwert entsprechen – um wieder einmal vor Augen zu führen, der heutige Radpilger muss einfach seine eigene Kuh mithaben…
Nur um es plastisch darzustellen, wie 600.000 Kalorien aussehen, nicht um den tatsächlichen Verbrauch wiederzuspiegeln wollen wir euch sagen, das etwa 1200 Flaschen Bier ebenfalls diesen Gegenwert haben.
Auch mit diversen Süßigkeiten kann man sich diese beinahe astronomische Zahl schön verdeutlichen. Versucht doch einfach einmal, 2400 Stück Magnum-Eis oder 6666 Twinni zu schlecken, ohne Hirnfrost zu bekommen. Oder dürfen es doch 1200 Packerl Manner-Schnitten bzw. 1165 Tafeln einer etwas üppigeren Schokolade sein? Wie ihr wollt!

Nun wollen wir uns mit der nächsten Rubrik auch dem Titel dieses Eintrages widmen –
Gesehen, gehört, verdrängt (verschwiegen).
Bitte nicht böse sein, dass die Einträge hier nur Stichwortartig verzeichnet sind, aber der Blog würde sonst den Rahmen sprengen. Außerdem wollen wir diese Momente noch einmal für sich selbst sprechen lassen.

Gesehen (und aufgefallen)

Besondere, in Erinnerung bleibende Highlights des Teams –
Der gesamte letzte Tag, mit der Fahrt von Santiago zum Cap Fisterra, mit der 3,5 km langen Triumphfahrt nebeneinander, auf der letzten Steigung zum „Ende der Welt“, außerdem die Atmosphäre der Templerkirche Eunate bei Puente la Reina (Wolfgang H.);
die vielen glücklichen Menschen und die gelöste Stimmung vor der Kathedrale in Santiago (Wolfgang St.); die besondere, mittelalterliche Stimmung in Mirepoix und das stark emotionale Jakobstags-Volksfest am Cruz de Ferro, sowie die Menschenmassen in Lourdes und die Faszination von Roncesvalles als erster spanischer Punkt des Weges (Hans), die Rückkehr nach Österreich nach einer langen Zeit in der Fremde (Günther); mittelalterliches Ambiente in der beeindruckenden Festung von Carcassonne und das bunte Treiben in Avignon (Peter); der Augenblick inneren Friedens beim Sitzen auf den Felsen von Fisterra (Daniel); und die vielen Begegnungen mit ausgesprochen interessanten Menschen wie Pilgern, Einheimischen, aber auch mit den zahlreich getroffenen Österreichern sowie das ganz spezielle Erlebnis der Kathedrale von Burgos (Jakob).

Individuelle landschaftliche Höhepunkte der Teilnehmer –
Verlassene Dörfer in Spanien (Wolfgang H.); die weiten, schier endlosen Felder Spaniens (Wolfgang St.), die Alm-ähnlichen Regionen in Kastilien & Galizien mit ihrem ständig sichtbaren Erikapflanzen (Hans), die Landschaften am Golf von Biscaya (Günther), die einsame aber beeindruckende kleine Burg über Castrojériz (Daniel), die weiten Sonnenblumenfelder Frankreichs (Peter), und der Blick über den Atlantik (Jakob).

Gehört

Diverse unschlagbare Aussprüche wie:

„Wos koch i heut?“
„Des wü i a!“
„’Heut geht’s rund!’ sagt der Wellensittich als er in den Ventilator kommt!“
„Wo is mei Putzfetzen?“
„Deck den Tisch net auf Mikado-Stil!“
„Im Süden oben“/ „Männer von Galiläa…!“
„Wer hatn scho wieder des Häuslpapier?“
„Hat wer an Riegel für mi?“
„Wie isn da Platz? – Najo…“
„Jo i weiß net, es is a bissl komisch…“
„Unglaubliche G’schicht!“

Und viele, viele andere…

Verdrängt (bzw. verschwiegen)

Diverse französische & italienische Toiletten (Erinnerung an Schranz-Hocke); die Übernachtung am Lago di Revine, besser bekannt als „Lago di Horror“; das „Schlüsselereignis“ von Tarascon; unsere völlige Abstinenz von allen Formen von Medien oder Musik (von den Live-Performances des Duos Stieböck/Rath abgesehen)…
Leider verschweigen mussten wir euch auch diverse Sprüche, die leider nicht die Altersfreigabe bekamen. Wir mussten annehmen, dass Minderjährige (oder Familienmitglieder) mitlesen, und entschieden uns deshalb zu geringfügiger Zensur.

Herzlichen Dank

Auch einiges an Danksagungen wollen wir an dieser Stelle unterbringen – ohne die angesprochenen Personen wäre all das nie möglich gewesen: Wir bedanken uns herzlich bei unseren Familien und Lebenspartnerinnen, die so lange auf uns verzichten mussten. Wir waren immer bei euch! Auch dass uns so viel Freiraum und Freizeit für diese Unternehmung gelassen wurde, erfüllt uns mit Freude! Weiters wollen wir unseren Freunden und Bekannten danken, die uns bei jeder Gelegenheit unterstützt haben, so gut sie konnten!
Ein besonderer Dank gilt auch den Mitorganisatorinnen des Projektes, ein ganz besonderer aber konkret einer Person: Barbara Steiner hat sich für uns – wie man so schön sagt – „einen Haxen ausgerissen“ und dafür wollen wir uns erkenntlich zeigen. Vielen Dank, liebe Barbara, das hast du großartig gemacht!
Persönlich möchte ich mich noch bei euch, den Lesern für die Treue und das Interesse an diesem Blog bedanken! Ihr seid großartig!

Hervorheben wollen wir auch unsere Sponsoren und Gönner, ohne die solch eine Reise auch nicht denkbar gewesen wäre. Vielen herzlichen Dank an:

Wiener Städtische Versicherungen


Xund & Fit

Gösser

Würth

Steiermark Tourismus


A 1

Hornig Kaffee

Peterquelle

Spar


Fiat


Volksbank


Giga Sport


Wirtschaftsnachrichten


Das war es also. Unser Abenteuer namens „Camino 2009“ ist tatsächlich zu einem glücklichen und beinahe kitschig perfekten Ende gekommen. Wir haben viel gesehen und noch mehr erlebt, Menschen kennen gelernt und gemeinsame Wege beschritten.

Doch die Mitglieder des Camino-Teams werden nicht untätig bleiben. Wir wollen nicht zuviel verraten, aber die nächsten Pläne liegen bereits in Rohform in den geistigen Schubladen der Radpilger. Wir werden weiter tüfteln und planen, und wer weiß, vielleicht geht es ja schneller als man denkt, bis man sich wieder liest…

Zum letzten Mal
Mit einem freundlichen Gruß und voller Erwartung eines hoffentlich baldigen, neuen Abenteuers

Euer
Jakob

Für das

TEAM CAMINO 2009

P.S.:
Liebe Gewinner unserer Gewinnspiele!
Wir haben nicht auf euch vergessen, innerhalb der nächsten Wochen werdet ihr eure Preise bekommen!