Mittwoch, 29. Juli 2009

Was für ein Gefühl!

Am Ende der Welt – Einer für alle, alle für einen




Das Ende der Reise am Ende der Welt – Der Anfang einer hoffentlich langen Freundschaft



Etappe 24
Bisher bewältigt: 3005,45

Santiago de Compostela – Cap Fisterra (das „Ende der Welt“)

  • 95,41 km
  • 22,0 km/H Durchschnittsgeschwindigkeit
  • 4 Stunden 10 Minuten Fahrtzeit
  • 1194 Höhenmeter
  • 2687 Kalorien pro Fahrer verbraucht

Selbst die beeindruckenste Reise, das intensivste Erlebnis findet eines Tages sein Ende.
Jetzt, da die Sonne allmählich beginnt, sich über dem „Ende der Welt“ zu senken, kommt dieses Bewusstsein klar zu Tage.
Der wohl emotionalste und zugleich letzte Abschnitt unseres gemeinsamen Weges geht hier zu Ende, an der Küste des mächtigen, atlantischen Ozeans.
Es sind Momente wie dieser, an denen man sich als Mensch so unvorstellbar klein und gleichzeitig endlos befreit fühlt.
Doch auch der heutige, finale Tag der Tour musste erst noch beginnen und begangen werden.
Ein besonderer Tag beginnt in der Regel auch besonders – so auch dieser. Der majestätische Sonnenaufgang (von uns erlebt um 07:30 Uhr), der uns morgens willkommen hieß, machte das Aufstehen (fast) leicht.
Das gesamte Team sollte sich kurz darauf mit stolzgeschwellter Brust auf dem Weg in die Innenstadt von Santiago de Compostela machen – gemeinsam wollten wir unseren Einmarsch in die heilige Stadt zelebrieren. Unser erster Weg führte uns zum Pilgerbüro, einen Steinwurf von der imposanten Kathedrale entfernt. Eine lange Schlange sollte sich uns offenbaren, auch wenn die Stimmung innerhalb selbiger niemals angeheizt, sondern vielmehr äußerst gelöst war. In der Warteschlange, die sich bis in den 1.Stock des Gebäudes ziehen sollte, wurde gelacht, getratscht und sogar musiziert, gesungen und applaudiert – ein Jakobspilger sorgte im Stiegenhaus mit Mundharmonika bewaffnet für Kurzweil und gute Stimmung.
„Schau, die san von Graz weggangen!“ – diesen Satz vernahmen wir direkt hinter uns, als wir auf die Ausstellung der begehrten Pilgerurkunde warteten. Michael und Ferry aus Fürstenfeld, die sich hinter uns eingeordnet hatten (ein weiteres Kapitel im „Buch der Treffen mit Landsleuten“ während unseres Trips) sollten sich als sehr amüsante Gesprächspartner entpuppen und auch einiges an Aufschlüssen über den Fußweg geben. Einen schönen Gruß an die beiden und Gratulation zum Abschluss der Pilgerreise! Bienvenidos a Santiago!
Nach der Erteilung der Pilgerurkunde „Compostela“ und des letzten Stempels im Pilgerpass überbrückten wir die Zeit zur Pilgermesse mit dem Besorgen diverser Mitbringsel für zuhause - hierbei sei erwähnt, der Pilger wird in Santiago keineswegs ausgenommen, vielmehr sind die Preise für diverse Devotionalien sehr moderat.

Die bereits erwähnte Pilgermesse sollte zu den absoluten Highlights der gesamten Reise werden. Die Kathedrale von Santiago, mit etwa 2000 Menschen fast bis zum Bersten gefüllt (davon zahlreiche junge Leute), verbreitete ihren besonderen Geist erstmals völlig unverblümt. Welche Kirche auf der Welt kann von sich behaupten, bereits vor 12:00 Uhr an einem Wochentag ihre Tore unter Aufsicht von Security sperren zu müssen, vor lauter Andrang der Pilger? In mehreren Sprachen wurde den Anwesenden der Segen erteilt, bevor der legendäre „Botafumeiro“, ein 50 kg schweres Weihrauchfass, an einem langen Seil durch das Querschiff der Kathedrale katapultiert wurde – eines der bekanntesten Bilder aus der Jakobs-Kathedrale in Santiago de Compostela. Eine besondere Ehre in jedem Fall, denn normalerweise kommt der Botafumeiro nur bei ganz speziellen Anlässen zum Einsatz.
Offensichtlich tief berührt von der Kraft der Pilgergemeinschaft und der Aura der Stadt fiel es unsern unerschütterlichen Pedalrittern sichtlich schwer, sich für den weiteren Etappentag zu motivieren. Auch die Tatsache, dass der galizische Himmel sich eher bedeckt und unfreundlich gab, erleichterte die Aufgabe nur bedingt.
Um 14:30 begannen unsere letzten knapp 100 Kilometer Richtung Cap Fisterra, welches sich zum emotionalen Höhepunkt des Tages entwickeln sollte. Doch alles zu seiner Zeit.
Zunächst sollte die Radlerriege noch eine finale Prüfung durch den Geist des heiligen Jakobus erwarten – zu der stetig auf und ab führenden Straße, deren Steigungen und Abfahrten sich Sinus-artig abwechseln sollten, gesellte sich ein weiteres Phänomen. Kälte, Regen und Wind sollte uns Cap Fisterra entgegen werfen, bevor wir unsere Reise endgültig abschließen konnten. Und wäre es noch nicht genug gewesen, hatten wir auch noch mit dem stetig zunehmenden Verkehr zu kämpfen. Wie Hiob müssen sie sich gefühlt haben, von höheren Mächten geprüft, unsere eifrigen „Ciclistas“.
Erwähnt sei hier noch, und das möchte ich in Erinnerung wissen, dass heute nicht einmal das sonst so obligatorische Cola Platz fand sondern durch einen wohlschmeckenden Pfefferminztee ersetzt wurde. „Ersetzt“ ist auch ein gutes Stichwort bezogen auf die Kleidung unserer Radler, denn das völlig durchnässte Sportgewand musste zwischendurch sogar gegen trockene „Mode“ getauscht werden.

Und dann, der entscheidende Moment, an dem es allen klar wurde, dass wir unser Ziel nun bald erreicht haben werden: Kurz vor der Halbinsel von Fisterra brach die Sonne wie ein stählernes Schwert durch den morsch gewordenen Schild der Wolken und erleuchtete die letzten Kilometer unseres Weges.
Es gibt Momente, wo auch ein mittlerweile „alter Hund“ auf dem Gebiet des „bloggens“ die Waffen strecken muss, weil er einfach nicht weiß, wie er gewisse Emotionen in Worte fassen soll. Solch ein Moment bemächtigte sich unser beim Anblick des mächtigen Atlantik, der sich schier unendlich zu unseren Füßen ausbreiten sollte. Gerüchten zufolge war der Blick so klar, dass man am Horizont sogar das Empire State Building sehen hätte können ;) (ist uns schon bewusst dass es so wahrscheinlich nicht gewesen sein wird, aber in solch einem Gefühlsrausch ist man bereit, fast alles zu glauben).

Nach einer Phase des inneren Friedens, der seelischen Ausgeglichenheit, sollten schließlich und endlich doch die Emotionen mit uns durchgehen.
„So ein Tag, so wunderschön wie heute…“ inbrünstig intoniert vom Camino-Team sollte das Kap erfüllen, wie viele solcher Freudenmomente wird der ehrwürdige Nullpunkt des Jakobsweges über die Jahrhunderte wohl erlebt haben?

Ich könnte ewig so weiterschwärmen, aber dabei fällt mir auf, dass ich einen Blogeintrag schreibe und kein Buch…
Wir wollen euch alle herzlich von unserem letzten Campingplatz kurz nach Corcubión, direkt am Atlantik, grüßen und euch noch eines ehrlich sagen:

Ihr kennt sicher alle das Gefühl aus verschiedensten Situationen, wenn einem aus einem besonderen Erlebnis heraus die Luft wegbleibt und man nicht weiß, was man sagen, schreiben oder sonst irgendwie mitteilen soll. Genau so empfinden wir zurzeit, wir (alle!) müssen das erlebte wohl selbst erst noch gründlich verdauen.

Morgen geht’s wieder Richtung Heimat! Wir freuen uns wieder darauf, aber eine Träne im Knopfloch bleibt doch.

euer Jakob

Für das

TEAM CAMINO 2009

P.S.: Dies ist noch nicht der letzte Blogeintrag! Auf die angekündigte, ultimative Zusammenfassung dürft ihr euch noch freuen, also bleibt uns noch etwas treu! Am Montag, dem 3.August 2009 ist es soweit!

Danke vielmals für euer Interesse, es war mir eine Ehre, für euch zu berichten!

Dienstag, 28. Juli 2009

Am Ziel, aber noch nicht am Ende

Die „Drei Radl-Musketiere“ sind nach knapp 3000 km nun am Höhepunkt der Reise, aber noch lange nicht am Ende der Kräfte.



Günther Rath, der wie ihr schon wisst nicht nur Chefkoch sondern die Seele unserer Tour, hat sich selbst die Bewachung seiner Lebensmittel Tag und Nacht zur Aufgabe gemacht



Etappe 23

Bisher bewältigt: 2910,04 km


Sarria – Santiago de Compostela

  • 121,8 km
  • 20,4 km/H Durchschnittsgeschwindigkeit
  • 5 Stunden 50 Minuten Fahrtzeit
  • 2243 Höhenmeter
  • 4750 Kalorien pro Fahrer verbraucht


Viva Santiago!

Es ist uns vom Team Camino 2009, euch allen mitzuteilen: Wir haben Santiago de Compostela erreicht! Ein Moment der Stille, der inneren Zufriedenheit erfüllte uns beim erstmaligen Anblick der imposanten Kathedrale zu Ehren des Apostels Jakobus, bald abgelöst von inbrünstigem Jubel und großer, aufrichtiger Freude – Wir haben es geschafft!

Der besondere Geist des Wallfahrtsortes war bereits im Umland zu spüren, unverkennbar auch durch die Scharen an Fuß – und Radpilgern, die eines klar vor Augen führten: Hier sind wir an einem Ort, der Menschen anzieht und inspiriert.

Dieser überaus spirituelle Ort wollte trotz allem erst erreicht werden, denn schließlich mussten unsere Radfahrer selbst in die Pedale treten und nicht der Heilige Geist.

Die innere Berührung in Santiago mussten wir uns heute erst noch verdienen, denn die Strecke des 23.Etappentages sollte dem Radler-Triumvirat alles und noch mehr abverlangen.

Auch einiges an Überraschungspaketen hat uns der Jakobsweg heute geschnürt – wer hätte gedacht, dass der alte Höhenmeter-Rekord fallen („fallen“ ist beinahe episch untertrieben, „terminiert“ würde wohl besser passen) würde, oder wer hätte die klirrende Kälte in der Früh vorausgesagt? Die noch in unserem heutigen Abfahrtsort begonnene, stetige „Bergsteigerei“, fortgesetzt durch ein permanentes, von Radfahrern heiß geliebtes Auf und Ab bewegte uns heute zum neuen Höhenrekord. Eine sportliche Höchstleistung, rechtzeitig vor dem spirituellen Gipfel der Tour.

Auch die Nässe des Tages (klar, zu solch einem Nebel passt auch nur ein bisschen Feuchtigkeit), kombiniert mit 11°C Außentemperatur kann eher auf die Seite der unangenehmen Überraschungen gezählt werden. Doch was wäre ein hart gesottener Radpilger, wenn ihn so etwas von seiner Aufgabe abbringen würde? Wir haben ja keine Schönwetter-Radler dabei!

Vor einem Unwetter hätten wir uns sowieso nicht zu fürchten gebraucht – Wolfgang St.s mobiler Blitzableiter, der Gamsbart der heute hochdekorativ seinen Helm zierte, hätte uns in all seiner Pracht vor jeglichem Übel von oben bewahrt. Darüber hinaus hatte er damit auch die Aufmerksamkeit aller Pilger für sich, die wir unterwegs überholen oder treffen sollten.

Stichwort Pilger – Der Strom selbiger war heute, so kurz vor ihrem Ziel, so dicht wie noch nie zuvor auf der Reise. Vertreten in der großen Gemeinschaft ist so gut wie alles: Spanier, etliche andere Nationen, Menschen jeden Alters. Aber besonders auffällig, zahlreiche junge Leute, und dabei nie verbissen sondern stets fröhlich und immer hoch motiviert. Auch einen Landsmann konnten wir heute wieder begrüßen – ein Pilger aus Linz, der die beschwerliche Reise zu Fuß von seiner Heimatstadt aus auf sich genommen und heute den 102. Tag seines persönlichen „Camino“ erlebt hatte. An dieser Stelle wollen wir ihm noch einen guten Weg – Bueno Camino - wünschen, bald ist es vollbracht!

Der morgige Tag wird geistige und ideelle Höhepunkte für das gesamte Camino-Team bringen – die Pilgermesse um 12:00 Uhr (Wir werden zu diesem Zeitpunkt an euch alle denken!) für die angekommenen Jakobspilger und das anschließende Ausstellen der Pilgerurkunde wird es offiziell machen: Wir sind angekommen.

Und auch wenn einige der Meinung sind, dass der offizielle Camino hier abschließt, so endet er tatsächlich erst am Cap Fisterra, schon für die Römer das „Ende der Welt“ (Lat. „Finis Terrae“). Hier geht die gemeinsame Reise zuende, bald hat uns die Heimat wieder, bald habt ihr uns wieder.


Knapp 110 Kilometer trennen uns noch vom mächtigen, Atlantischen Ozean.


mit lieben Grüßen,


Jakob

(dem es bereits jetzt etwas weh tut, dass unsere 24 Tage am Weg – und im Blog – zuneige gehen…)


Für das


TEAM CAMINO 2009


P.S.: Unbedingt weiter diese Seite besuchen, und auch andere motivieren, wir wollen unbedingt eine ganz besondere Zugriffe-Schallmauer knacken…

Schaut selbst rein und bewegt noch weitere Freunde, Verwandte, Bekannte, Wildfremde uns anzuklicken (Viel Klick!) ;)

Dankeschön!


Freuen könnt ihr euch schon auf ein besonderes Schmankerl - Nach unserer morgigen, letzten Tagesetappe werden wir uns mit einem spannenden, unüberbietbaren, noch nie da gewesenen „Abschiedsblog“ unvergesslich machen.

Montag, 27. Juli 2009

Santiago wir kommen!

Nach einem langen, intensiven Tag versinkt die Planung des nächsten Tages im Reich der Träume

Das Radlermaterial hat sich auch eine Reinigung und Pause verdient und wir wieder mit Nadel, Zwirn, Putztuch und Kettenöl für den nächsten Tag in Schuss gebracht


Etappe 22

Bisher bewältigt: 2788,24 km

Villamartín (westlich von Ponferrada) – Sarria

  • 88 km
  • 20,3 km/H Durchschnittsgeschwindigkeit
  • 4 Stunden 19 Minuten Fahrtzeit
  • 1330 Höhenmeter
  • 4258 Kalorien pro Fahrer verbraucht

Liebe Leute zuhause!

Ich freue mich inständig, euch unser morgiges Etappenziel zu verkünden – 3 Worte, die größere Bedeutung nicht haben könnten:

Santiago de Compostela - Wallfahrtsort unter dem Zeichen der Jakobsmuschel, Grabstätte des Apostels Jakobus des Älteren. Und darüber hinaus der offizielle Endpunkt unserer Pilgerreise, wenn auch unser Weg hier noch nicht endet. Wir werden weiter fahren – nach Cap Fisterra, ans „Ende der Welt“.

Detailliertes über Santiago werden wir euch im Rahmen des morgigen Eintrages erzählen.

Nun wollen wir uns jedoch den Ereignissen des heutigen Etappentages widmen.

Manche Menschen, die man auf Reisen getroffen hat, laufen einem eines Tages wieder über den Weg. So auch uns heute früh geschehen, nur wer hätte gedacht, dass es in diesem Fall gleich am nächsten Tag ein Wiedersehen geben sollte? Wie ihr bestimmt gestern gelesen habt, haben wir einen gestrandeten spanischen Mountainbiker aufgelesen und ihn in seinen Heimatort zurückgebracht. So weit so gut. Doch ratet einfach einmal, wer uns heute, diesmal in Richtung Cebreiro fahrend, vom Straßenrand zuwinken sollte – Richtig. Juanra, dem wir gestern ein Taxi boten. Für einen Plausch (oder in diesem Fall eher eine Art Scharade, aufgrund der sprachlichen Barriere) blieb keine Zeit, Juanra deutete uns nur aufgeregt und stets lächelnd, dass er diesmal keine Hilfe benötige und eigentlich nur grüßen wollte. Diese doppelte Begegnung wird uns wohl so schnell nicht loslassen – Noch einmal liebe Grüße an unseren neuen spanischen Freund an dieser Stelle – Saludos! J

Steil hinauf, steil hinunter – damit ist die Geschichte des heutigen Tages in der Ultrakurz-Fassung erzählt. Der Anstieg hinauf, zunächst in das reizende Steindorf Cebreiro, dann zum Pass „Alto do Poio“ (1337 m) war gekennzeichnet durch atemberaubende Aussicht, leicht bedeckten Himmel, phasenweise leichtem Nebelreißen und, wie könnte es anders sein, unserem stetigen Begleiter – dem nordspanischen Wind.

Nachdem der Pass erreicht war, wurde allen schlagartig eines klar: „Von jetzt an kann’s nur noch bergab gehen.“ Und es ging, aber wie!

„Einfach nur geil(e)“, (Zitat Wolfgang H.) Abfahrten beschleunigten unsere heute mehr an Geschosse erinnernden Radler auf 55 – 60 km/H. Besonders hervor stach dabei der gute Hans, der sich mit Höllentempo und dennoch gekonnt den Berg herunterwarf, er wollte es ganz offensichtlich noch einmal wissen.

Am Ende der schussartigen Abfahrt und bis unter die Helmdecke voll mit Adrenalin erreichten wir schließlich und endlich das Städtchen Sarria, unsere Pforte zur „heiligen Stadt“ Santiago.

Mal ehrlich – was würdet ihr als erstes denken, wenn euch jemand mit mehreren Verbänden am Körper und einer Konservendose in der Hand um einen Dosenöffner bittet? Der wird wahrscheinlich so intensiv versucht haben, die Dose auf zu kriegen, dass er sich dabei selbst nicht geschont hat. Und dennoch ist die Konserve Sieger geblieben – zumindest haben wir uns das gedacht. Mag auch an der ich nenne es mal „Eigenheit“ unseres Geistes liegen, aber lustig ausgesehen hat’s auf alle Fälle.
Der junge Mann, der uns auf diese Art entgegentrat, sollte uns jedoch erzählen, selbst Radpilger zu sein und kurz nach dem Cruz de Ferro mit über 60 km/H eine klassische „Brezn gerissen“ zu haben. Klingt schmerzhaft? Ist es wahrscheinlich auch.

Glück im Unglück für den verunglückten Pilger, dass unser „Tour-Medikus“ Hans sich gleich verpflichtet fühlte, sich seiner anzunehmen. Wir „Peregrinos“ müssen schließlich ganz im Geiste des Camino zusammenhalten.

Und so geht ein weiterer Tag ins Land und wir bereiten uns hier in Sarria auf einem sehr schönen, sehr modernen Campingplatz direkt am Jakobsweg auf das morgige, mächtige Ziel vor: Santiago de Compostela.

Santiago wir kommen!!!

Ein herzlicher Gruß an euch alle,


Jakob

Für das


TEAM CAMINO 2009

Sonntag, 26. Juli 2009

Am Dach der Emotionen


Unser Einsatzteam betreut nicht nur unsere Radfahrer bestens, sondern konnte diesmal auch im Geiste des Jakobsweges für einen einheimischen „Pedalritter“ helfend einspringen

Am Cruz de Ferro ein eingeschweißtes Team, das seine auf Stein geschriebenen Emotionen niederlegt.



Etappe 21

Bisher bewältigt: 2700,24 km


León – Villamartín (westlich von Ponferrada)

  • 121,4 km
  • 22 km/H Durchschnittsgeschwindigkeit
  • 5 Stunden 29 Minuten Fahrtzeit
  • 1880 Höhenmeter
  • 3249 Kalorien pro Fahrer verbraucht


"An Wein hamma eh no, oder?“


Dieses Zitat eines der Redaktion bekannten Camino-Teammitgliedes soll nicht primär veranschaulichen, dass unser Weinkonsum kein bisschen abgenommen hat. Nein, nein, wir lassen uns hier nicht ins Alkoholiker-Eck drängen, vielmehr haben sich die Teammitglieder ihr abendliches Glas Rotwein an diesem ereignisreichen Tag einmal mehr „sauer“ verdient. Deswegen auch die vorsichtige Frage, ob die heutige Belohnung wohl nicht ausfallen muss.

Ereignisreicher Tag? Ganz recht!

Der „Camino de Santiago“ sollte uns heute zahlreiche eindringliche Ereignisse bescheren, die sich bei allen Mitgliedern wohl noch längere Zeit einprägen werden. Ein Etappentag reich an kulturellen, spirituellen und persönlichen Highlights.

Den Anfang machte die Anfahrt (35 km!) zur Passhöhe des Monte Irago nach der Stadt Astorga, beinahe unentwegt steil nach oben. Während die Drahteselritter, sich heute eher Gämsen-artig den Berg hoch kämpfend, ihre Räder, Wadln und Oberschenkel malträtierten, konnten sie sich zugleich auch an der immer prächtiger werdenden Aussicht erfreuen. Diese hat bestimmt auch dazu beigetragen, dass die beiden „Wolfgänge“ und Hans heute so kontinuierlich in die Pedale getreten und den Höhenmeter-Rekord der Tour herausgefahren haben.

Der spirituelle Höhepunkt des Tages war auf einer Höhe von 1500 Metern, am so genannten „Dach des Jakobsweges“ erreicht – das „Cruz de Ferro“ (span. Eisernes Kreuz) erwartete uns.

Das Kreuz, genau am Pilgerweg postiert, übermittelt eine ganz spezielle Stimmung, ein Gefühl innerer Erfüllung, kurz gesagt, man nimmt den Geist des Jakobsweges voll und ganz in sich auf. Was dieses an sich einfache Eisenkreuz, hoch auf einem Baumstamm postiert, so besonders macht? Die Bedeutung dieses markanten Punktes liegt in der symbolischen Ablegung einer Last, dem Erlassen einer Sünde, den Beginn eines neuen Abschnittes aber zugleich auch im Gedenken an die daheim gebliebenen. Über viele Jahre hinweg legten hier immer wieder Pilger Steine nieder, die für sie das Überwinden eines Hindernisses sowie das sich befreien von einer seelischen Last bedeuteten. Und so kam es schließlich, dass das Cruz de Ferro heute hoch auf einem riesigen Steinhügel steht, und über die abgelegten Sorgen und Lasten der Pilger triumphiert. Auch haben zahlreiche Jakobspilger am Baumstamm selbst persönliche Gegenstände zurückgelassen, um symbolisch einen Neuanfang zu wagen, sowie auch Bilder von Freunden oder Verwandten, um ihrer im Stillen zu gedenken – ein weiterer Aspekt, der die Spiritualität an diesem Ort zum Greifen nahe macht. Als ob dieses Ereignis nicht schon berührend genug gewesen wäre, vor allem für unsere Radler, welche die Stimmung des Ortes nach ihrem harten bisherigen Kampf besonders stark wahrnahmen, fanden an diesem Tag auch noch Feierlichkeiten zu Ehren des heiligen Jakob statt. Volksfeststimmung an einem der eindringlichsten Orte des Weges, kein klassischer „Touristenrummel“ jedoch, sondern eine mehrheitlich von Einheimischen besuchte (wir waren als Nicht-Spanier die krasse Ausnahme), wirklich beeindruckend begangene Veranstaltung.

Vom „Dach des Camino“ sollte es schließlich über teilweise brandgefährliche Abfahrten wieder steil hinab in Richtung Tal gehen. Ein verlassenes Bergdorf nach dem Anderen sollte unseren Weg kreuzen, die malerischen aber verlassen wirkenden Orte üben durch ihre einmalige Lage einen besonderen Eindruck auf den Pilger aus – mit einem Wort gesagt: Beeindruckend (oder um es mit Hans’ Worten zu formulieren: „Unglaublich!“).

Nach einem weiteren Anstieg, die Radfahrer waren bereits wieder auf dem Weg nach unten, auf einmal ein Hilferuf – ein Mountainbiker winkte Daniel und meine Wenigkeit verzweifelt zu. Der freundliche junge Mann, ausschließlich Spanisch sprechend, stellte sich uns als „Juanra“ vor und deutete mit einer resignierenden Geste auf das Hinterrad seines Drahtesels – Klassischer „Patschn“, manchmal sagen Bilder eben doch mehr als Worte. Als er uns verständlich gemacht hatte, ob es denn möglich wäre, ihn ein Stückchen mitzunehmen (mit Hand und Fuß ging es eben doch, Daniels und mein Schulspanisch reichten einfach nicht aus) luden wir sein Mountainbike in unseren braven „Packesel“ namens Fiat Ducato und ritten weiter, immer unseren eigenen Pedalrittern nachjagend. Somit konnten wir erstmals nicht nur unserem eigenen Team helfen, sondern auch einem uns eigentlich wildfremden. Außerdem wurde uns im Laufe unserer Reise bereits so oft von Einheimischen Hilfe gewährt, da war es nur fair, einmal etwas zurück zu geben. Der Geist des Jakobsweges erfüllt uns zusehends und zeigt uns so die wirklich wichtigen Dinge des Lebens.

Kaum hatten wir unsere eigenen „Ciclistas“ wieder „eingefangen“, stand auch schon die nächste Überraschung ante portas. Mitten im kleinen Bergdorf Acebo (der Weg durch den Ort verlangte allen höchste Konzentration ab) standen wir auf einmal mir nix dir nix hinter einem Auto mit einen burgenländischen Kennzeichen – ein Mattersburger, der ebenfalls Begleiter für eine Gruppe Pilger ist. Wir können jedoch nicht sagen, welche Überraschung größer war – einen Burgenländer in Spanien zu treffen, oder einen Burgenländer auf Bergen (höher als Geschriebenstein) zu sehen… wahrscheinlich eine Kombination aus beidem. Man stelle sich die Kuriosität der Situation vor – Wir, mit einem vom Glück verlassenen, spanischen Mountainbiker auf der Rückbank, treffen im Dörfchen Acebo auf einen Landsmann, der sich gerade bestens mit unseren drei Radpilgern unterhält.

Unser gestrandeter Spanier verließ uns kurz danach wieder, die freundliche Einladung auf „una cerveza“ (span. ein Bier) mussten wir jedoch leider ausschlagen. Juanra bedeutete uns noch mit einem Lächeln auf dem Gesicht, dass wir für ihn aus dem Himmel gekommen wären und verabschiedete sich herzlich mit einem festen Händedruck. An dieser Stelle sei ihm ausgerichtet: „De Nada, gern geschehen.“ J

Leider jedoch konnten wir nicht länger verweilen, und nach einem kurzen „Griaß eich!“ von unserem burgenländischen Kollegen stürzten wir uns weiter die selten ungefährlichen Abfahrten hinab, um schließlich in Ponferrada, größte Stadt der heutigen Etappe, anzukommen. Nach kurzer Verwirrung um die tatsächliche Lage des Übernachtungsplatzes („Wir warn nie in Villamartín…“) rasten wir heute unsere müden und beeindruckten Häupter auf einem idyllischen Campingplatz in Villamartín, den neuen Tag erwartend.


ACHTUNG: Die Gewinner des Lourdes-Gewinnspieles stehen fest. Die folgenden User haben ein Überraschungsgeschenk gewonnen:


Peter Sommer

Celina (Username „Anonym“)

Ana (Username ebenfalls „Anonym“)


Gratulation, gute Arbeit!


Mit lieben Grüßen,


Jakob

Für das


TEAM CAMINO 2009

Ein Tag des Feierns

Ein Hoch auf den frischgebackenen 20er Daniel!

Hier mit hochdekorativem Gelsenlicht und spanischem Kuchen…



Wolfgang H. beim Aufwärmen in morgendlicher Kälte, siehe „Zauberpatschen“, Handschuhe und lange Ärmel





Etappe 20

Bisher bewältigt: 2578,84 km

ACHTUNG: Dies ist der Beitrag für 25.7.2009 – leider hat das Internet gestern wieder nicht mitgespielt…

Castrojeriz (westlich von Burgos) – León
  • 156 km
  • 28,7 km/H Durchschnittsgeschwindigkeit
  • 5 Stunden 27 Minuten Fahrtzeit
  • 841 Höhenmeter
  • 3850 Kalorien pro Fahrer verbraucht


Das wichtigste zuerst – eines unserer Teammitglieder zählt seit heute zu den „20ern“. Daniel feiert seinen Geburtstag! Etwas zerzaust und mit noch deutlich sichtbaren Spuren der vergangenen Nacht wurde ihm heute Morgen ein kleiner aber feiner (und wie!) Kuchen überreicht und der eine oder andere Händedruck verteilt. Als Lebenslicht für das Küchlein musste ein Gelsenlicht fungieren, Kerzen waren keine griffbereit. Auf jeden Fall wollen wir den heutigen Tag unter das Motto „Happy Birthday, Daniel!“ stellen.
Wer hätte gedacht, dass es im hochsommerlichen Spanien eine derartige Kälte haben kann. Aber tatsächlich, heute früh, gleich nach dem Aufstehen stieg das Quecksilber nach Schätzung von Wolfgang St. auf um die 8°C.
Das Ziel des heutigen Tages sollte die alte Pilgerstadt León sein. Der Weg dorthin von Castrojeriz, einem kleinen, unscheinbaren Ort am Jakobsweg sollte zunächst wieder einmal von Feldern soweit das Auge reicht gesäumt sein. Vorbei an Hügellandschaften, pittoresken Dörfern und auch einigen riesigen Windparks trug uns die Straße, die weitestgehend parallel zum Jakobs-Gehweg verläuft, immer in Richtung der Ruhestätte des Heiligen Jakob in Santiago de Compostela. Die Straße, sensationell unbefahren (teilweise 20-30 Minuten ohne ein anderes Fahrzeug) und nahezu völlig gerade, führte uns durch wunderschöne Landschaftsabschnitte entlang des originalen „Camino Francés“. Wie auf einem Wellenritt müssen sich unsere Radfahrer gefühlt haben, förmlich auf einem Rodeoritt, so wie die Strecke uns ständig Steigungen entgegen warf, nur um danach wieder hinab zu fallen. Mit unglaublichen 28,7 km/H Durchschnittsgeschwindigkeit auf 156 km, ein radfahrtechnischer Husarenritt, stachen wir Richtung Westen. Getragen wurden wir von einem leichten Ostwind, also erstmals Rückenwind für die tapferen Radpilger – wer schon einmal längere Zeit auf dem Rad gesessen hat weiß, wie sehr ein solcher Rückenwind die Aufgabe erleichtern kann.
Und so ritten wir schließlich bis nach León , auf einer Welle der Motivation und des richtigen Rückenwindes. León selbst besticht durch seine sympathische Innenstadt und natürlich auch durch seine imposante Kathedrale (wie bis jetzt in fast allen Pilgerstädten des „Camino“), zusätzlich anzumerken ist die Ruhe im Zentrum, wahrscheinlich begründet durch die Tatsache, dass unser Besuch auf Samstag Nachmittag fiel.
Ein weiteres Kapitel im Lehrbuch „Wie verstecke ich einen Campingplatz“ wurde ebenfalls geschrieben, erweitert durch die Ergänzungsschrift „Campingplätze von der komplett falschen Richtung anfahren, Band 1, 2 und 3 “ (Autor: Team Camino 2009).
Der im Campingführer der Region Castilla y León blumig beschriebene Platz sollte sich als exzellent getarnt in den Hügeln über León erweisen. Das wir allerdings erst tags darauf erkennen sollten, wie weit daneben wir wirklich waren, lassen wir hier einmal ausgespart.
In unser Elend aus anscheinend nicht existierenden Orten, phantom-artigen Umfahrungsstraßen und Einwohnern, die noch nie etwas von einem Campingplatz in der Nähe gehört hatten, traten am Ende allerdings doch noch zwei Retter. Besser gesagt, eine Retterin und ein Retter. Eine gebürtige Russin, die in Spanien Englisch unterrichtet (was für eine Kombination!) und ihr spanischer Ehepartner kamen, wie von ganz oben gesandt, im Auto vorbei und nahm sich unserer verzweifelten Lage an. Die beiden erkannten recht schnell, dass mit Erklärungen allein hier nichts zu holen war und so beschlossen sie, uns zum Ziel zu führen. Somit haben wir wieder einmal freies Geleit zu unserer Destination erhalten, wie schon mehrfach auf dieser Reise. Auf der Suche begleitete uns das Paar durch Gegenden, die nicht einmal ihnen als ortsansässige des Raumes León geläufig waren, und doch konnten sie uns zu unserem Campingplatz führen. An dieser Stelle sei beiden ein riesiger Dank ausgesprochen, sie haben uns aus dieser Situation förmlich herausgerissen. Muchas gracias!!!

Wahrscheinlich wäre es hilfreich gewesen, den Platz in beide Fahrtrichtungen zu markieren, allerdings haben die Betreiber wohl niemals damit gerechnet, dass aus dieser Richtung tatsächlich Menschen kommen würden. Kann ihnen auch keiner übel nehmen, wir hätten uns auch nie gedacht, dass wir durch solch verlassene Gegenden fahren würden.
Der Abend war schließlich geprägt durch ein ausführliches und köstliches Mahl (spanische Spezialitäten- Jamón de Serrano, Pulpo a la Galicia, Paella, Bocorones!) anlässlich Daniels Geburtstages, Jakobs Namenstages und – also einmal Kochpause für unseren privaten Paul Bocuse, Günther, der ebenfalls hochleben gelassen wurde, vielen Dank an dieser Stelle für die vielen kulinarischen Highlights! Es sollte ein gemütlicher Abend werden, der gerade ausklingt…

Wir grüßen euch alle recht herzlich,

Jakob

Für das
TEAM CAMINO 2009

Samstag, 25. Juli 2009

Kultur pur & Wir über uns

Die Kathedrale von Burgos war spitze! Einem jeden Reisenden, nicht nur Pilgern, sehr zu empfehlen…

Daniel setzt beim Gitarre spielen den Fußblinker… man kann nur hoffen dass das Auto hier steht!


Etappe 19

Bisher bewältigt: 2422,84 km


Santo Domingo de la CalzadaCastrojeriz (westlich von Burgos)

  • 106 km
  • 20,8 km/H Durchschnittsgeschwindigkeit
  • 5 Stunden 6 Minuten Fahrtzeit
  • 975 Höhenmeter
  • 3140 Kalorien pro Fahrer verbraucht

Leider hatten wir wieder Probleme mit dem Internet, deswegen muss der gestrige Beitrag mit Verspätung online gehen. Tut uns Leid, kommt aber leider immer wieder mal vor...


Wir pilgern weiter!

Eines möchte ich heute gleich vorweg nehmen. Die Erzählung der Etappe als solche wird heute wieder etwas kürzer ausfallen, aber selbstverständlich nicht ohne Grund. Doch dazu später mehr.

LKW-Lärm, Kälte und helles Licht von der Laterne gleich nebenan – ideale Vorraussetzungen für eine geruhsame Nacht. So geschehen von gestern auf heute unweit von Santo Domingo und auch unweit (5 Meter…) von der Nationalstraße 120, die den Ort durchzieht. Der Übernachtungsplatz, an sich in gutem Zustand, hat einzig an seiner Lage zu knabbern. Die klirrende Kälte in der vergangenen Nacht, die dem einen oder anderen Schwierigkeiten mit dem Schlaf bereitete, kann man den Betreibern des Campingplatzes aber beim besten Willen nicht vorwerfen.

Die Fahrtstrecke, übrigens für den Radfahrer in gutem Zustand, verlief heute weitgehend problemlos. Großes Highlight heute war die Pilgerstadt Burgos, welche mit ihrer spektakulären Kathedrale beeindrucken konnte. Die Stadt des legendären „El Cid“ (spanischer Held im Kampf gegen die Mauren) liegt direkt am Camino de Santiago und ist für Pilger aus aller Welt ein Ort mit großer Anziehung.

Die Weiterfahrt verlief dann jedoch mit einem großen Höhepunkt, nämlich den herrlichen, weitläufigen Kornfeldern. Zur Auflockerung konnten wir Begleiter das eine oder andere Kickerl am Straßenrand nutzen, um uns entsprechen abzulenken.

Auf der Suche nach unserem nächtlichen Quartier konnte uns selbst eine kurzfristige Aufregung um einen nicht (mehr?) existenten Campingplatz in Melgar keinen Strich durch die Rechnung machen. Schlussendlich hatten wir das Glück, etwa 30 km weiter einen weiteren Campingplatz zu finden, der uns mit seiner ausgesprochen ruhigen Lage bestimmt eine geruhsame Nacht bescheren wird.

Ich habe euch ja vorhin etwas Besonderes angekündigt. Und hier kommt es auch schon:

Wir haben uns gedacht, wir erzählen so viel von unserer Reise als solcher, wir erfreuen uns an Beitragskommentaren die ihr uns übermittelt, doch irgendwie haben wir selbst noch kein Wort zu dieser ganzen Sache verloren. Das wollten wir ändern. Wir haben uns 4 einfache Fragen überlegt, und mit jedem unserer Truppe ein Blitzinterview geführt. Alle Mitglieder des Teams haben dieselben 4 Fragen bekommen. Hier sind sie:


1.) Was nimmst du von dieser Reise mit?

2.) Was hat dir weniger gefallen bzw. dich vielleicht gestört?

3.) Was hat dir bis jetzt besonders gefallen?

4.) Welche bisher gefallene Anekdote ist dir noch am intensivsten in Erinnerung?


Hier sind die Antworten der einzelnen Teammitglieder:


Wolfgang Hasenhütl (Radfahrer, Mitorganisator der Unternehmung)


1.) Was ich mitnehme… einen „Wolf“, mehrere Gelsenstiche…

Nein, Spaß beiseite. Ich nehme die Erkenntnis mit, dass unterschiedliche Persönlichkeiten aus verschiedenen Altersgruppen, die sich noch dazu kaum kennen, in knapp 4 ½ Wochen eine dermaßen interessante Gemeinschaft bilden können und jüngere und ältere gleichermaßen voneinander profitieren können.

Weiters nehme ich die Erfahrung mit, dass alles was man plant, auch durchführbar ist. Es muss nur gemacht werden.


2.) Man kommt insgesamt doch auf zuwenig Schlaf, auch die persönliche Hygiene wird mit dem Lauf der Zeit auf ein Niveau gesenkt, dass gerade das nötigste abdeckt. Außerdem haben wir gelernt, dass es schwer ist, die Grundgedanken unserer Reise (sportlich, kulturell, spirituell & kulinarisch) an einem Etappentag zu vereinen.


3.) Besonders gefallen hat mir die Rücksicht aufeinander innerhalb der Fahrgemeinschaft und der Grundgedanke des „Gemeinsam starten und gemeinsam ankommen.“.


4.) Der Spruch der Reise ist für mich „I geh jetz mei Radl putzen.“ (Wolfgang St., Anm.).


Wolfgang Stieböck (Radfahrer, Tagebuchschreiber, Tourguide)


1.) Ich nehme mit, dass was auch immer auf den 3200 Kilometern passiert, wir unser Ziel erreichen werden. Die Welt dreht sich weiter, komme was wolle.


2.) Gestört? Überhaupt gar nichts! Absolut nichts hat sich bis jetzt außerhalb meines Toleranzpegels bewegt.


3.) Dass es möglich ist, das 7 Persönlichkeiten, die sich kaum kennen, zueinander finden können, durch ein gemeinsames Ziel das alle erreichen wollen.


4.) Großartig fand ich, als der Peter in der Tür stand und fragte „Günther, was suchst denn?“. Gerade weil der Herr Rath immer der ist, der ganz genau weiß wo alles ist. Grundsätzlich jedoch habe ich weniger einen Spruch der Reise sondern vielmehr eine Erkenntnis – nämlich die Erkenntnis, dass Personen, die sich eigentlich unbekannt sind, an einem gemeinsamen Strick ziehen können.


Hans Petritsch (Radfahrer, Tour-Arzt & „Miraculix“)


1.) Ich weiß es eigentlich noch nicht. Die Eindrücke sind noch zu verschieden, zu vielfältig. Das ist an sich nichts schlechtes aber ich bin noch zu erwartungsfroh um hier antworten zu können.


2.) Die auf den Tag verteilte Hektik und der damit verbundene rasche Ablauf, weiters der Versuch, zu viel in einem Tag unterzubringen.


3.) Zum einen die faszinierenden Landschaften die ich gesehen habe, seit ich wieder dabei bin sowie die unglaublichen Kulturstätten auf dem Weg. Zum anderen hat mir bis jetzt das Zusammenspiel aller Teilnehmer sehr gut gefallen.


4.) Wenn dieser Spruch unter den bisher gefallenen dabei war, dann „Der Weg ist das Ziel.“ Sonst eigentlich noch keiner.


Günther Rath (Begleiter, Techniker, Küchenchef, Fahrer des „Mobile Office“, Logistik, Organisation von Schlafstätten, Photographie, „McGyver“, um nur einige seiner Arbeitsbereiche aufzuzählen, jedenfalls ein Mann für alle Fälle!)


1.) Ich habe sicher wieder dazugelernt, wie man mit gewissen Situationen umgeht, habe mich in Geduld geübt. Außerdem habe ich einige Erkenntnisse gegenüber anderen Menschen gewonnen und gesehen, was mit der richtigen Einstellung möglich ist.


2.) Abgesehen von wenigen Kleinigkeiten eigentlich nichts. 4 Wochen sind halt eine lange Zeit, weil auch sehr intensiv, aber damit habe ich ohnehin gerechnet.


3.) Gefallen haben mir Momente des Zusammenseins, überrascht war ich von Frankreich, da sich die Menschen dort viel freundlicher und offener verhalten haben, als in den bisherigen Erzählungen gehört habe. Außerdem hat mir sehr gut gefallen, wie die Menschen in den Ländern die wir besucht haben, ihre Kultur wahren.


4.) Am Besten fand ich wohl den Witz vom Wellensittich der in den Ventilator kommt und feststellt: „Heut geht’s rund!“. Toll waren aber auch die Verabschiedungen bei der vorübergehenden Trennung in der Früh, als ob wir uns ewig nicht mehr sehen würden. Außerdem fand ich auch die Sache mit „Der mit dem Wolf tanzt“ sehr gut.


Peter Eisner (Begleiter, Logistik, Organisation von Schlafstätten, Navigation, Photographie, Günthers Sous-Chef, Beschreibungsgenie, Motivationstrainer & Vorkoster)


1.) An Prosciutto hab i ma kauft… Nein, im Ernst, ich nehme Erfahrung verschiedenster Art mit, ich persönlich habe so etwas in dieser Form noch nie erlebt. Jeden Tag beinahe vagabundierend Städte zu bereisen ist etwas völlig neues für mich. Außerdem war ich noch nie zuvor in Frankreich, und in den anderen Ländern wenn auch nur an den Hauptorten des Tourismus. Das macht diese Reise so besonders für mich.


2.) Es gab schon kleinere Differenzen die, vielleicht auch bedingt durch den Altersunterschied oder verschiedene Anschauungen. Vielleicht gab es dadurch auch kleinere Querelen bei der Platzwahl oder der Wahl der Straßen. Aber das waren Dinge, die uns vorher schon bewusst waren.


3.) Zum einen haben mir große Landschaftsabschnitte sehr gut gefallen, wie zum Beispiel die italienische Riviera, die Cote D’Azur, die Languedoc-Landschaften und die vielen kleinen Städte, speziell in Frankreich. Besonders hervorheben möchte ich hier Carcassonne.

Zum anderen hat es mir imponiert, wie wir die gesetzten Ziele trotz unvorhersehbarer Ereignisse erreicht haben und so Flexibilität bewiesen haben. Ebenfalls großartig fand ich auch, wie ältere und jüngere miteinander harmoniert haben.


4.) „Da kann’s eigentli nur grad aus gehn.“ Und „Da oben im Süden…“


Daniel Blümmel (Begleiter, Fahrer des Sicherungsfahrzeuges, mobile Versorgung der Radfahrer, Herr der Riegel, Entertainer)


1.) Also ich nehme auf jeden Fall Lebenserfahrung mit, außerdem neu gewonnene Freunde und mir persönlich sehr wichtig, die Zufriedenheit, ein weiteres Abenteuer erlebt zu haben.


2.) Bis auf Kleinigkeiten, die uns allen schon bei den Vortreffen bewusst waren und nicht vermeidbar sind, wenn 7 Personen so lange auf engstem Raum zusammenleben, eigentlich nicht viel.


3.) Die Reise als solche hat mir einfach bis jetzt sehr gut gefallen, außerdem das hohe Maß an Kameradschaftlichkeit auf einer besonderen Reise mit einem besonderen Ziel. Wir hatten die Ehre, herrliche neue Landschaften zu entdecken, außerdem bin ich sehr zufrieden mit dem Wetter, hätte schlimmer sein können. Auch kulinarisch waren wir großartig versorgt, an dieser Stelle möchte ich mich bei Günther dafür herzlich bedanken.


4.) Das kann eigentlich nur ein Spruch vom Günther sein. „Da kanns eigentlich nur links gehn.“, in einem Kreisverkehr mit mehren Ausfahrten, und das obwohl ich diese Aussage selbst gar nie gehört habe. Aber ich fand den Spruch einfach zu gut. Außerdem war das „I kumm gar ned aussi“ an diesem windigen Morgen sehr gut, wo wir alle so abgekämpft haben.


Jakob Egger (Begleiter, Camino09-Blogger, Navigator im Sicherungsfahrzeug, Verwahrer der Pilgerpässe, Entfesslungskünstler bei diversen Liegen, Haus-und Hofschreiber)


1.) Schwierig… Ich hab lang überlegt aber etwas gutes ist mir auf die Frage glaube ich noch nicht eingefallen. Bestimmt nehme ich wieder neue Lebenserfahrung mit, eine Jedermanns-Antwort, ich weiß, außerdem aber die Erfahrung, was mit guter Planung alles möglich ist. Weiters nehme ich wieder neue Freundschaften und Kontakte mit.


2.) Nichts gravierendes, nur die üblichen Kleinigkeiten, die halt passieren wenn man für so einen Zeitraum zusammenlebt. Natürlich auch obligatorische Meinungsunterschiede, und auch die lange Zeit von zuhause Weg zu sein. In meinem Fall besonders hervorzuheben ist das tägliche, frühe aufstehen...


3.) Als besonders empfunden habe ich bisher die Art und Weise wie das Team trotz teilweise großer Unterschiede zusammenhält, und sehr bewegt hat mich persönlich auch die Spiritualität, die von den Pilgerstätten ausgeht. Außerdem freue ich mich sehr darüber, wieder einen neuen Teil der Welt zu sehen, den ich bisher noch nicht kannte.


4.) Schwierige Frage. Aber ich würde sagen „Der Sänger von Queen, Eddie Murphy“, weil bisher kaum ein Tag ohne diesen Spruch vergangen ist, aber auch die Aussage „Der mit dem Wolf tanzt“, ein großartiger Tour-„Insider“.


Die Interviews wurden durchgeführt von Jakob, bis auf Jakobs eigenes, durchgeführt von Peter.


Mit lieben Grüßen,


Jakob


für das

TEAM CAMINO 2009